

Niemals wieder. Das haben die Überlebenden des Konzentrationslagers Mauthausen geschworen. 80 Jahre nach der Befreiung ist diese Mahnung für uns alle ein Auftrag. Neben den internationale Opferverbänden und Gästen aus aller Welt nahmen zahlreiche Regierungsmitglieder der SPÖ, Abgeordnete, Bürgermeister*innen, Vertreter*innen der Jugendorganisationen, Gewerkschaften u.v.m. an der Befreiungsfeier teil. Die Vorsitzende der SPÖ Frauen, Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner hat beim sozialdemokratischen Gedenken beim Bernaschek-Denkmal am 11. Mai eine Rede gehalten, die wir hier im Wortlaut wiedergeben.
„Wir stehen heute alle hier vereint im Gedenken an die Opfer der grausamen Verbrechen der Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten. 80 Jahre nach Ende des Grauens. 80 Jahre nach Demütigung, Erniedrigung, Entrechtung, Verfolgung, Mord, Vernichtung und Völkermord. Wir stehen heute hier vereint mit der Verpflichtung nie zu vergessen und gedenken der Frauen und Männer und der Kinder, die in den Konzentrationslagern gequält, gefoltert und ermordet wurden.
Nie vergessen ist keine Phrase für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, die wir an Gedenktagen hervor holen, um uns dann wieder in Gleichgültigkeit zu wiegen, dass Demokratie und Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte in Stein gemeißelt sind.
Nie vergessen ist der Auftrag für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten den Geschichtsleugnern, den Gleichgültigen, den Zynikern, den Zweiflern entgegenzutreten, nicht still zu bleiben, wenn einzelne demokratische Institutionen und ihre Repräsentantinnen wieder verhöhnt, verachtet und abgewertet werden.
Nie vergessen ist das Versprechen nicht zu schweigen, wenn internationale Regeln missachtet werden, wenn Menschenrechte in Frage gestellt werden und die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr ist.
Nie vergessen ist die Pflicht, das Miteinander, den sozialen Zusammenhalt und die Fürsorge hochzuhalten. Mitgefühl für andere, egal woher sie kommen, wen sie lieben, wie sie leben ist die Basis für ein friedliches Zusammenleben.
Wir erinnern uns an Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer wie Richard Bernaschek, der schwer gefoltert wurde und noch in den letzten Kriegstagen kurz vor der Befreiung Mauthausen von einem SS Oberscharführer durch einen Genickschuss ermordet wurde. Die Befreiung am 5. Mai kam für ihn – wie für so viele andere auch – leider um wenige Tage zu spät. Zu viele treue Diener des NS-Regimes mordeten bis zur letzten Stunde.
Michael Köhlmeier hat in seiner Rede anlässlich des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus im Jahr 2018 folgendes gesagt und ich zitiere: „Zum großen Bösen kamen die Menschen nie mit einem großen Schritt, sondern mit vielen kleinen, von denen jeder zu klein schien für eine große Empörung. Erst wird gesagt, dann getan“. Das bedeutet, wachsam und aufmerksam zu bleiben. Auf der Hut zu sein vor jenen, bei denen Zynismus und Menschenverachtung stärker ist als Mitgefühl. Sich nicht daran zu „gewöhnen“ wenn sich sogenannte „Einzelfälle“ in die tägliche beinahe zu unaufgeregte Berichterstattung einschleichen. Wenn das Auffinden und Aufdecken von Waffenlagern von Rechtsextremen nur noch unter chronikaler Berichterstattung erfolgt, dann heißt es für uns, hellhörig zu sein und aufzustehen.
Die Zahl der antisemitischen Vorfälle in unserem Land hat dramatisch zugenommen. Binnen eines Jahres sind laut dem Jahresbericht der Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde die Angriffe und Attacken auf Jüdinnen und Juden in Österreich um ein Drittel gestiegen. Wir müssen alles tun, um die Sicherheit und den Schutz für alle in unserem Land zu gewährleisten.
Seit Jahren steigen die Zahlen von rechtsextremen Vorfällen und Straftaten in Österreich. In öffentlichen und digitalen Räumen werden Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer sexuellen Orientierung und ihres Geschlechts diskriminiert und angegriffen. Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung nehmen in Österreich und in vielen Teilen der Welt zu. Insbesondere durch Social Media steigt die Gefahr antidemokratischer Tendenzen. Wir halten mit aller Kraft dagegen. Demokratie lebt vom Dialog. Sie baut auf Wissen und Erfahrung auf. Die Auseinandersetzung mit der Geschichte ist unser Fundament für die Gegenwart.
In Zeiten, in denen mit Falschmeldungen immer wieder die Grundlage unseres Staates in Frage gestellt werden, sind Bildung und die Freiheit der Wissenschaft ein Schutz gegen Rechtsextremismus und Faschismus. Demokratie ist nicht selbstverständlich, sie muss immer wieder aufs Neue erarbeitet und verteidigt werden. Hass und Hetze haben keinen Platz in unserem Land.
Wir stehen in der Tradition unserer Vorkämpferinnen und Vorkämpfer, die unsere Demokratie aufgebaut haben und dafür ihr Leben riskiert haben. Stellvertretend für sie alle möchte ich an Rosa Jochmann, erste Vorsitzende der Freiheitskämpfer*innen, Ehrenvorsitzende der SPÖ Frauen erinnern. Als Abgeordnete zum Nationalrat setzte sie sich erfolgreich für die Wahrung der Rechte der Opfer des Faschismus ein. Als Zeitzeugin und Mahnerin warnte sie die nachkommende Generation vor den Gefahren des Neofaschismus. Ihre unanfechtbare Integrität soll unser Vorbild bleiben.
1945 – vor 80 Jahren – ist sie aus dem Konzentrationslager Ravensbrück zurückgekehrt und hat gemeinsam mit vielen anderen am Wiederaufbau unserer Republik mitgearbeitet. „Nie zusehen, wenn Unrecht geschieht“ das war ihr Leitspruch, dem sie ein Leben lang gefolgt ist. Rosa Jochmann erinnert uns an all jene, die mit Zivilcourage und Mut für ihre Mitmenschen eingestanden sind. Ihr aller Vorbild gibt uns Kraft.
Demokratie, Frieden und Solidarität sind die Grundwerte, auf denen unsere Vorkämpferinnen und unsere Vorkämpfer unseren Staat, unser Gemeinwesen aufgebaut haben. Sie sind das Fundament, das wir bewahren und schützen werden. Diese Werte sind unser aller gemeinsame Zukunft.
Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg.“ (Mauthausen, Sonntag 11. Mai 2025)
Fotos (c) Klaus Schöngruber von der Veranstaltung findet ihr hier