SPÖ, Frauenpolitik, MITGLIEDERBFRAGUNG

Frauenpolitischer Fragebogen zur Mitgliederbefragung

Bild: FREEPIK

Wir haben im Vorfeld der Mitgliederbefragung bei den ursprünglich drei Kandidat*innen nachgefragt: Wie hältst du es mit der Frauenpolitik?

 

Was bedeutet Feminismus für dich?

Welche Rolle hat die Frauenorganisation innerhalb der Sozialdemokratie für dich?

Wie würdest du Frauen in der SPÖ fördern – egal ob im ehrenamtlichen Bereich, der Kommunal-, Landes- oder Bundespolitik?

Was war dein prägendster frauenpolitischer Moment in deiner politischen Laufbahn?

Wie kann die Politik Halbe Halbe als gelebte Realität fördern?

Welche frauenpolitische Forderung ist für dich jedenfalls eine Koalitionsbedingung?

Wie hältst Du es mit den Quoten? Sind sie aus deiner Sicht notwendig und wo sollen sie zur Anwendung kommen?

Welche Maßnahme zum Schließen der Lohnschere würdest du als erstes in einer Regierungsverantwortung treffen?

Welche Maßnahmen würdest du gegen die ansteigende Frauen- und Kinderarmut setzen?

Noch immer leisten Frauen den Löwinnen-Anteil der unbezahlten Arbeit. Was kann man tun, um die unbezahlte Arbeit besser aufzuteilen?

Wie willst du den Ausbau der Kinderbetreuung in ganz Österreich vorantreiben?

Wie stehst du zur Forderung nach einer generellen Arbeitszeitverkürzung?

Wie kann aus deiner Sicht der Gewaltschutz für Frauen verbessert werden und welche konkreten Pläne hast du dafür?

Wie würdest du den Ausbau von Frauenhäusern in Österreich angehen?

Würdest du sexistische Werbung verbieten?

Viele Frauen und vor allem feministische Aktivist*innen sind im Netz immer wieder mit massivem Frauenhass konfrontiert. Wie kann man deiner Meinung nach dagegen vorgehen? Sind gesetzliche Verbesserungen notwendig?

Welchen Stellenwert haben reproduktive Rechte für dich und wie gedenkst du, diese für Frauen zu schützen? Wie kann die regionale Versorgung in den Bundesländern bezüglich Schwangerschaftsabbrüche verbessert werden?

Würdest du dich für einen kostenfreien Zugang zum Schwangerschaftsabbruch einsetzen?


Was bedeutet Feminismus für dich?

PAMELA RENDI-WAGNER
Kampf, Mut, Stehvermögen, Entschlossenheit – für die Sache der Frau.
All das ist zentral, um Gleichberechtigung/ Gleichstellung in der Gesellschaft zu erreichen. Aktuell haben wir eine Frauenministerin der ÖVP, die von sich aus sagt, sie sei keine Feministin. Das ist realpolitisch für die Frauen ein großes Problem, denn dadurch findet Frauenpolitik nicht statt und wäre unter SPÖ-Frauenministerinnen undenkbar gewesen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Feminismus als Schimpfwort missbraucht wird. Es braucht Frauen in der Politik, die sich stolz und mit voller Überzeugung als Feministinnen bezeichnen und diesen Feminismus auch leben. Dafür möchte ich mich einsetzen, gemeinsam mit all den starken Genossinnen in unserer Partei. Repräsentanz und Einsatz für die Rechte aller Frauen, national und international, das ist für mich Feminismus.
Aber auch außerhalb etablierter Parteien kämpften und kämpfen Frauen für ihre Rechte. In Österreich, in Europa und auf der ganzen Welt. In Organisationen oder als Einzelkämpferinnen und Vorbilder.

HANS PETER DOSKOZIL
Feminismus bedeutet die Bekämpfung jeglicher Art von Diskriminierung, die Abkehr von geschlechterspezifischen Zuschreibungen und die Herstellung von Chancengleichheit. Gleichberechtigung durch Ausbildung, Entlohnung und Netzwerke. Überholte Muster und Strukturen aufbrechen, heranwachsenden Generationen ein neues Selbstverständnis geben. Frauen wie Männer sollen heute selbst darüber entscheiden können, ob sie bei ihren Kindern bleiben, ihre Angehörigen pflegen, ob sie einen 40-Stunden-Job machen oder Teilzeit arbeiten – selbstverständlich bei fairer Entlohnung, die keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern bei gleicher Leistung macht. Feminismus ist für mich die Gesamtschau der Maßnahmen, die diesen notwendigen gesellschaftlichen Wandel herbeiführt.

ANDREAS BABLER
Ganz grundsätzlich verstehe ich Feminismus als Kampf gegen Unterdrückung von Frauen und den Kampf zur (Selbst-)Befreiung von Frauen. Mein Begriff von Feminismus ist auch stark von Johanna Dohnal geprägt. Sie hat gesagt, dass die Vision des Feminismus keine „weibliche Zukunft, sondern eine menschliche Zukunft ist”, in der wir alle gemeinsam besser leben. Ich bin solidarisch mit den Kämpfen von Frauen um sexuelle Selbstbestimmung, um reproduktive Rechte, um gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, um eine gerechte Zukunft für alle Menschen. In jedem Politikfeld geht es letztlich auch um Frauenpolitik. Wir müssen aber auch als Partei einsehen, dass die SPÖ ein Spiegel der Gesellschaft ist und auch bei uns noch viel für Frauen in der Organisation getan werden muss. Pro-Feminist zu sein bedeutet für mich, das Feedback von Frauen, harte Kritik und Reflexionsanstöße ernst zu nehmen. Von feministischen Bewegungen können wir viel lernen – man muss sich vor Augen führen, was Frauen in den vergangenen 150 Jahren alles erreicht haben: das beginnt bei den Kämpfen um das Wahlrecht und dem Zugang zu höherer Bildung, die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und des Schutzes von Frauen in der Schwangerschaft, über gesundheitspolitische Rahmenbedingungen wie den Mutter-KindPass, der zur drastischen Senkung der Säuglings- und Müttersterblichkeit geführt hat. Ob im Bereich der reproduktiven Selbstbestimmung oder bei Gleichbehandlungsfragen in der Arbeitswelt: Feministische Errungenschaften konnten nur erkämpft werden, weil Frauen hartnäckig geblieben sind, laut waren, sich organisiert haben und Bündnisse eingegangen sind. Ich verstehe mich als starker Bündnispartner feministischer Bewegungen.

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Welche Rolle hat die Frauenorganisation innerhalb der Sozialdemokratie für dich?

PAMELA RENDI-WAGNER
Als erste Frau an der Spitze der SPÖ bin ich mir der Errungenschaften sozialdemokratischer Vorkämpferinnen der Frauenorganisation am Weg zu Gleichstellung auch innerhalb unserer Bewegung sehr bewusst. Die SPÖ-Frauen sind seit jeher ein ( wahnsinnig ) gewichtiger Teil unserer Bewegung, weshalb mir die gegenseitige Unterstützung, nicht nur inhaltlich solidarisch, sondern auch strukturell, ein großes Anliegen ist.
Die Frauenorganisation spielt auch heute eine unerlässlich wichtige Rolle – sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer politischen Bewegung, wenn es um gelebte Frauensolidarität geht und darum, für volle Gleichstellung zu sorgen.
Die UN Frauenrechtskonvention oder die Istanbul-Konvention des Europarats sind unsere Richtschnur des Handelns. Deswegen ist es für mich so wichtig, dass Vernetzung keine Grenzen kennen darf.

HANS PETER DOSKOZIL
Hertha Firnberg, Johanna Dohnal oder auch Barbara Prammer haben als starke Bundesvorsitzende gemeinsam mit unzähligen SPÖ-Frauen nicht nur die österreichische Sozialdemokratie geprägt, sondern auch vieles konkret verändert in unserem Land. Egal ob es die umfassende Familienrechtsreform in den 1970er Jahren war, die pensionsrechtliche Absicherung für Kindererziehungszeiten oder auch die Fristenlösung, all das ist auf das Engagement der SPÖ-Frauen zurückzuführen, darauf bin ich stolz. Heute ist es die zentrale Aufgabe unserer Frauenorganisation, einem frauenpolitischen Rückschritt – befeuert beispielsweise durch Corona oder auch die Teuerung – mit aller Kraft entgegenzuwirken. Wir dürfen nicht zulassen, dass die andauernden Krisen der jüngsten Vergangenheit ein konservatives Frauenbild wieder zur Normalität werden lassen.

ANDREAS BABLER
Die SPÖ-Frauenorganisation ist für mich ein wichtiger inhaltlicher Motor für progressive Frauenpolitik, aber auch beispielsweise für eine mutige Wirtschafts- oder Arbeitsmarktpolitik. Die SPÖ Frauen waren historisch in vielen Bereichen Pionierinnen, wenn wir etwa an die feministische Friedensbewegung denken. Sie sind Garantinnen für den Kampf für Gleichberechtigung innerhalb der SPÖ. Ich bewundere, dass die Frauen in der SPÖ 2 konsequent auf Lücken hinweisen, Standpunkte und deren Umsetzung einfordern, auch bei Gegenwind. Ebenso ist die Frauenorganisation ein Ankerpunkt für soziale Bewegungen außerhalb der Partei. Ich will ein aktiver Verbündeter sein und sehe die strukturellen Probleme, die wir nach wie vor innerhalb der SPÖ aus feministischer und frauenpolitischer Perspektive haben.

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Wie würdest du Frauen in der SPÖ fördern – egal ob im ehrenamtlichen Bereich, der Kommunal-, Landes- oder Bundespolitik?

PAMELA RENDI-WAGNER
Die Quotenregelung in unserem Parteistatut garantiert eine 40% Quote auf Bundes- und Landeslisten und in Nationalrats-und Landtagsmandaten.
Um den Frauenanteil in der Politik generell zu erhöhen, braucht es in Zukunft noch effektivere Maßnahmen. Zwar gibt es auf parlamentarischer Ebene seit 2019 für einen Frauenanteil, der über eine 40 Prozent Quote hinausgeht, eine höhere Klubförderung, doch müssen wir weitergehen. Solange es Parteien gibt, die trotz höherer Förderung Frauen dazu bringen auf ihr Mandat zu verzichten, zugunsten von Männern, ist das Ende der Fahnenstange bei weitem nicht erreicht. Sowohl in der Bundes-, Landes- als auch in der Kommunalpolitik muss das Ziel der Sozialdemokratie echte Chancengleichheit und eine 50 Prozent Geschlechterquote sein. Warum? Weil Frauen mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, und das muss sich auch in repräsentativen Ämtern wiederspiegeln! Frauen müssen auf allen Ebenen Platz haben, denn sie machen den Unterschied am Verhandlungstisch.
Damit Frauen innerhalb der SPÖ noch stärker gefördert werden, muss auch in den Strukturen und in der Sitzungskultur unserer Partei Chancengleichheit gewährleistet sein. Ich unterstütze die Forderung nach einer Anti-Diskriminierungsstelle innerhalb unserer Partei, die sich gerade in Ausarbeitung befindet. Damit wird eine wichtige Anlaufstelle geschaffen.
Mit gezielten Weiterbildungsprogrammen sollten Frauen gestärkt und Männer sensibilisiert werden. Auch die Implementierung von Frauenförderungsprogrammen auf allen Ebenen der Partei wird die Gleichstellung stärken.

HANS PETER DOSKOZIL
Die SPÖ ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Einerseits im positiven Sinn, denn wir leben eine enorme Vielfalt in unserer Bewegung, wie keine andere Partei. Andererseits sollte uns zu denken geben, dass sich für den Vorsitz 73 Personen gemeldet haben und darunter nur wenige Frauen waren. Ja, beim Frauenanteil auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene hat sich zwar einiges getan, aber es ist definitiv Luft nach oben. Aus meiner Sicht müssen wir auch parteiintern dieses Bewusstsein weiter schärfen. Wir sollten Frauen nicht nur ermutigen, sondern ihnen auch das nötige Rüstzeug für ihre politische Karriere mitgeben. Im Burgenland tun wir das für (angehende) Kommunalpolitikerinnen in der burgenländischen Frauenakademie, seit Jahren bieten wir auch regelmäßig Schulungen speziell für Gemeinderätinnen an, um sie in ihrer politischen Tätigkeit zu unterstützen. In der SPÖ Burgenland besteht heute die Hälfte des Führungsteams aus Frauen, in der Landesverwaltung sind ebenfalls fast 50 Prozent (46,36%) der Führungskräfte weiblich, um 10 Prozent mehr als noch vor 2 Jahren. Wir konnten die Anzahl der SPÖ-Bürgermeisterinnen von 8 auf nunmehr 11 steigern und die Zahl der Gemeinderätinnen auf rund 30 % ausbauen, aber das soll nur der Anfang sein. Die Sozialdemokratie ist eine Bewegung, die ein gleichberechtigtes Mindset absolut umsetzen kann.

ANDREAS BABLER
Mir ist bewusst, dass es auch in der SPÖ Männernetzwerke gibt und ich sehe es als einen wichtigen Teil meiner Aufgabe, Frauen in alle Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Das ist auch eine demokratische Frage. Politische Entscheidungen gehören nicht ins Hinterzimmer, sondern in unsere Gremien, in denen die Frauenorganisationen bereits Maßnahmen wie die Quote erkämpft haben, um die Teilhabe von Frauen zu garantieren. Die oder der Bundesparteivorsitzende muss garantieren, dass Frauen auf allen Ebenen innerhalb der SPÖ und ihrer Organisationen und auch in allen politischen Ämtern vertreten sind. Dazu hat Johanna Dohnal vor bald 30 Jahren treffend gesagt: “Solange mehrheitlich Männer darüber entscheiden, was für Frauen, Kinder und sie selbst gut ist, wird es die erforderlichen substanziellen Quantensprünge nicht geben.” Wenn ich zum künftigen Bundesparteivorsitzenden gewählt werde, steht für mich außer Zweifel, dass mein Team ausgewogen aus Frauen und Männern bestehen wird. Frauenförderung allein reicht da nicht aus. Es geht darum, verkrustete Strukturen zu verändern, um Gleichberechtigung umsetzen zu können. Da müssen wir uns auch überlegen, welche Kultur wir in unserer Partei leben wollen und wie wir Rahmenbedingungen so anpassen können, dass sie auch für Frauen passend sind. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Wann finden Ortspartei-Sitzungen statt? Und wie gestalten wir sie so, dass Männer und Frauen teilnehmen können? Gibt es Kinderbetreuung bei größeren Veranstaltungen? Wir wissen, dass Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen, oft auf widerlichste Art und Weise angegriffen werden und damit einem zusätzlichen Druck ausgesetzt sind, den Männer nicht mal erahnen können. Diesen Druck kennen auch viele unserer Genossinnen und ihnen möchte ich meinen Rückhalt und meine Solidarität zusichern. Es braucht Empowerment auf allen Ebenen – für mich bedeutet das auch, die SPÖ-Frauen strukturell zu stärken, damit sie ihre Angebote und Aktivitäten noch weiter ausbauen können. Um die Repräsentation wirklich auf allen Ebenen umzusetzen, muss eine verpflichtende gesetzliche Quote für den Nationalrat umgesetzt werden, die natürlich von der SPÖ schon 3 jetzt vorgelebt werden muss. Instrumente wie das Reißverschlusssystem sind wirksam und müssen eingehalten werden.

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Was war dein prägendster frauenpolitischer Moment in deiner politischen Laufbahn?

PAMELA RENDI-WAGNER
Als ich zur ersten Frau an der Spitze der österreichischen Sozialdemokratie gewählt wurde. Über 130 Jahre reicht die stolze Geschichte unserer Partei zurück. Ja, es geht auch um Repräsentanz in Spitzenfunktionen, in der Politik und auch innerhalb der Parteien. Vorbild sein, Sichtbarkeit ermöglichen, das möchte ich Genossinnen mitgeben als Vorsitzende der SPÖ. Der Parteitag in Wels, die Begegnungen mit den Genoss*innen, all das waren Erlebnisse, Eindrücke, die mir für die tagtägliche politische Arbeit Kraft gegeben haben und auch noch geben. Die Möglichkeit diesen frauenpolitischen Meilenstein mit so vielen tollen SPÖlerinnen gemeinsam gehen zu können, das war der prägendste Moment in meiner politischen Laufbahn.

HANS PETER DOSKOZIL
Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, meine Mutter war mit uns Kindern zu Hause, hat ab und zu Heimarbeit geleistet, für eine Sockenfabrik in Pinkafeld. Ich bin also auch mit einem Rollenbild aufgewachsen, wo die Frauen großteils unbezahlte Arbeit zu Hause gemacht haben. Damals hat ein alleinverdienender Arbeiter wie mein Vater von seinem Gehalt aber auch noch ein Haus für seine Familie bauen können. Die Zeiten haben sich geändert. Es braucht eine gerechte Aufteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit, es braucht Lohntransparenz, es braucht Väter, die in Karenz gehen können, es braucht Mütter, die Karriere machen, es braucht Chancengleichheit. Prägend war für mich auch meine Zeit als Minister, als ich unter anderem mit Sabine Oberhauser zusammengearbeitet habe. Ich habe sie sehr geschätzt: als Kollegin, als Sozialdemokratin, als Politikerin. Kein Mann hätte ihren Job damals besser gemacht als sie. Dabei habe ich immer ihre Kompetenzen vor Augen gehabt. Sie war der Inbegriff eines politischen Menschen mit Herzblut.

ANDREAS BABLER
Für mich gibt es viele solche Momente – einen sehr prägenden hatte ich im Arbeitsleben. Ich hatte, als ich in der Fabrik gearbeitet habe, eine Kollegin, die mit mir an derselben Füllanlage gestanden ist. Sie hat genau die gleiche Arbeit gemacht, musste schwere Leimkübel ziehen, zur Not in die Maschine reinklettern und alles wieder zum Laufen bringen. Sie hat damals um 30 Prozent weniger verdient als ich, eine unfassbare Ungerechtigkeit. Ich habe das nie vergessen, das hat mich nachhaltig geprägt. Deswegen bin ich für das neuseeländische Modell: mit einer verpflichtenden Transparenz bei Gehältern und Strafen für Unternehmen, die Männer und Frauen ungleich bezahlen.

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Wie kann die Politik Halbe Halbe als gelebte Realität fördern?

PAMELA RENDI-WAGNER
Frauen und Männer sollen sich die bezahlte und unbezahlte Arbeit fair teilen. Dafür muss die Politik an mehreren Schrauben drehen: Kinderbetreuung ausbauen, höhere Einkommen für die Frauen durch Lohntransparenz, weil es ihnen zusteht, mehr Väter in Karenz sind erste wichtige Schritte dafür. All das sind Erweiterungen von sozialdemokratischen Errungenschaften. Es ist der Verdienst unserer Frauenministerinnen gewesen, dass zum Beispiel die Halbe-Halbe Kampagne von Helga Konrad uns allen in bester Erinnerung ist. Es gibt seit 2011 Einkommensberichte in Österreich. Heute müssen wir diese verbessern, transparenter machen. Island ist dafür ein gutes Beispiel, wie durch mehr Lohn- und Einkommenstransparenz die Schere zwischen den Gehältern von Männern und Frauen geschlossen werden kann. Die Möglichkeit des freien Spiels der Kräfte im Parlament 2019 haben wir als Fraktion strategisch genutzt, um den Papamonat mit einem Rechtsanspruch abzusichern. Ein weiterer Schritt ist auch die Karenz bei Vätern zu erhöhen, wie es in den skandinavischen Ländern Usus ist. Die Ergebnisse der Zeitverwendungsstudien zeigen uns: werden Karenzzeiten fairer aufgeteilt, hat das deutliche Auswirkungen auf eine bessere Verteilung der unbezahlten Arbeit im Haushalt generell.

HANS PETER DOSKOZIL
Care-Arbeit, Pflege, sich um die Kinder und Haushalt kümmern – dafür sind in Österreich immer noch vor allem Frauen zuständig. Damit Halbe Halbe funktioniert, braucht es längst überfällige, gesetzliche Rahmenbedingungen. Nur zu philosophieren nutzt den Frauen nicht, so lange es nicht österreichweit gratis Kinderbetreuungsplätze gibt. Es braucht dringend Pflegemodelle, die pflegende Angehörige unterstützen. Im Burgenland haben wir mit einem Anstellungsmodell, das eine Entlohnung auf der Basis unseres Mindestlohnes und eine sozialrechtliche Absicherung für bislang unbezahlte Betreuungsarbeit sicherstellt, einen möglichen Weg aufgezeigt. Auch Väterkarenz muss zur Normalität werden und die österreichische Unternehmenskultur modernisiert. Ich bin für Steuergerechtigkeit, die auch Frauen nutzt. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist eine Voraussetzung für Halbe Halbe.

ANDREAS BABLER
Dass Frauen heute immer noch mehr unbezahlte Haus- und Sorgearbeit leisten, wissen wir aus vielen Studien. Die Corona-Pandemie hat dies wieder zugespitzt. Wir müssen die Lehren daraus ziehen, dass in Krisensituationen Frauen die ersten sind, die zurückstecken – bzw. zum Zurückstecken gedrängt werden. Ich glaube, ein wesentlicher Hebel, um die gleiche Verteilung von Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit umzusetzen, ist Arbeitszeitverkürzung. Viele, die jetzt in Vollzeit arbeiten, hätten mit einer 32-Stunden-Woche 8 Stunden mehr Zeit für ihre Familie. Wer jetzt in Teilzeit arbeitet – vor allem Frauen – würde dadurch mehr verdienen. Internationale Feldversuche zur 4-Tage-Woche zeigen, dass das funktioniert und dass Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und sich mehr um den Haushalt kümmern. Eine Arbeitszeitverkürzung löst sicher nicht alles – in der Frage Halbe/Halbe geht es auch um Bewusstseinsarbeit – aber es wäre sicher ein wirkungsvoller Schritt. In Traiskirchen haben wir den bezahlten Papamonat für Gemeindebedienstete schon 2019 umgesetzt – ein wichtiges Instrument, um Vätern in den ersten Lebenswochen ihres Kindes ausreichend Zeit zum Kennenlernen zu ermöglichen, aber auch zur Unterstützung von Frauen im Wochenbett.

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Welche frauenpolitische Forderung ist für dich jedenfalls eine Koalitionsbedingung?

PAMELA RENDI-WAGNER
Am österreichweiten Ausbau der ganztägigen und kostenfreien Kinderbetreuung und –Bildung führt kein Weg vorbei. Ein Rechtsanspruch könnte schon längst Realität sein, wurde aber 2016 von konservativen Männern vereitelt. Diesen Rechtsanspruch ab dem ersten Geburtstag des Kindes braucht es dringend, um Klarheit für die Familien und insbesondere die Frauen, zu schaffen. Wir müssen weg von den stereotypen Zuschreibungen und Stigmatisierungen von Frauen. Der vorgeschlagene Stufenplan unserer Gewerkschafterinnen ist für mich ein realistischer Weg zu mehr Gleichstellung und mehr Bildungschancen aller Kinder.

HANS PETER DOSKOZIL
Ziel muss sein, dass jede Österreicherin die Chance hat, frei zu entscheiden, wie sie ihr Leben gestaltet. Um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu gewährleisten, würde ich mich für den längst überfälligen Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen in ganz Österreich stark machen. Zweifelsohne ist die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ein wichtiges frauenpolitisches Thema für mich. Im Burgenland sehen wir deutlich, dass von der Einführung des Mindestlohns vor allem Frauen überdurchschnittlich profitiert haben. Eine weitere Maßnahme, die ich weit oben auf meiner Agenda ansetze, ist ein Ausbau der Gewaltschutzeinrichtungen. Das ist ein Punkt, der aus meiner Sicht nicht verhandelbar ist.

ANDREAS BABLER
Jedenfalls eine Koalitionsbedingung ist für mich die Umsetzung der Unterhaltsgarantie, die Alleinerziehende rasch und effektiv unterstützen kann. Alle Parteien haben sich dafür ausgesprochen – das muss jetzt endlich umgesetzt werden. In einer Regierung ist es mir auch wichtig, dass das Frauenministerium ausreichend finanzielle Ressourcen hat, um echte Veränderung in Gang zu setzen. Selbstverständlich wäre es wünschenswert, das Frauenministerium in den Händen einer Sozialdemokratin zu sehen.

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Wie hältst Du es mit den Quoten? Sind sie aus deiner Sicht notwendig und wo sollen sie zur Anwendung kommen?

PAMELA RENDI-WAGNER
Ja, Quoten sind notwendig. Ich halte sie zum Beispiel auch im Parlament für sinnvoll. Immerhin ist das Parlament die politische Vertretung der österreichischen Bevölkerung und sollte sie auch abbilden.
Ich bin stolz, dass in meiner Zeit als Frauenministerin die Quotenregelung für die Privatwirtschaft weiterentwickelt werden konnte.
Aber auch parteiintern darf an unserer Quote nicht gerüttelt werden, sie ist ein wichtiges Werkzeug für faire Erstellungsprozesse von Wahllisten.
Ich bin stolz, dass unserer Vizepräsidentin im Europaparlament Evelyn Regner mit der „Women on Boards“ Richtlinie ein großer Erfolg gelungen ist. Auch in der Wirtschaft ist bewiesen: durchmischte Teams arbeiten besser, produktiver, erfolgreicher, dabei können Quoten helfen.

HANS PETER DOSKOZIL
Ich würde lieber auf Qualifikation setzen, anstatt Frauen in ein Quoten-Korsett zu zwängen. Wenn wir Ausbildungsmöglichkeiten forcieren, aber auch die Arbeitsbedingungen (Social Benefits) für Frauen in Unternehmen verbessern und zudem heranwachsenden Generationen ein modernes, gleichberechtigtes Weltbild mitgeben, dann müssen wir gar nicht mehr über Quotenregelungen reden. Das wäre mein Ziel, denn dann ist endlich gewährleistet, dass Leistung zählt und nicht das Geschlecht.

ANDREAS BABLER
Ich unterstütze hier alle Bestrebungen der SPÖ Frauen und bin mir auch ihrer Erfolge in diesem Bereich bewusst. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass unverbindliche Empfehlungen nichts bewirkt haben. Daher halte ich Quotenregelungen in der Wirtschaft (z.B. bei Aufsichtsräten, aber auch bei Vorständen) und der Politik für unbedingt notwendig: Nur in einer von zehn Gemeinden ist eine Frau Bürgermeisterin. Auf der Ebene der Regierung sank der Frauenanteil zuletzt von 46,7 auf 35,7 Prozent. Auch im Nationalrat war der Frauenanteil schon einmal höher als er aktuell ist. Ich will, dass das Parlament vorangeht und für sich eine verpflichtende 50:50 Quote beschließt. Das kann man über eine Wahlrechtsreform erreichen oder darüber, dass Klubförderungen an den erfüllten Quoten hängen. Wir müssen das Rad auch nicht neu erfinden: In Frankreich werden Parteien finanziell bestraft, wenn sie die Quote nicht einhalten. In Belgien dürfen Parteien mit Wahllisten, die den vorgesehenen Frauenanteil nicht erfüllen, zu Wahlen gar nicht antreten. Das ist eine von vielen Etappen auf dem Weg zur Gleichberechtigung und ein effektiver Schritt: Studien zeigen, dass weibliche Abgeordnete eher Vorschläge einbringen, die für Frauen wichtig sind.

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Welche Maßnahme zum Schließen der Lohnschere würdest du als erstes in einer Regierungsverantwortung treffen?

PAMELA RENDI-WAGNER
Es braucht ein ganzes Bündel an Maßnahmen, von flächendeckenden, kostenfreien und ganztägigen Kinderbildungseinrichtungen bis zur Lohntransparenz. Die Umsetzung der Richtlinie des Europaparlaments zu Equal Pay wäre der erste Schritt, der zu erfüllen wäre, darüber hinaus sind Weiterentwicklungen, wie in Island, zu begrüßen. Frauen müssen ein Recht haben, in ihren Jobs von Teilzeit auf Vollzeit umsteigen zu können.
Außerdem ist unser langfristiges Ziel eine Arbeitszeitverkürzung.

HANS PETER DOSKOZIL
Definitiv die bundesweite Einführung des Mindestlohns von 2.000 Euro netto, denn davon profitieren überdurchschnittlich viele Frauen. Weiters würde ich mich für volle Lohntransparenz sowie den bundesweiten Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen einsetzen. Denn nur dann, wenn Frauen von Betreuungspflichten freigespielt werden, können sie auch vermehrt Vollzeitstellen mit deutlich besserer Bezahlung annehmen.

ANDREAS BABLER
Grundsätzlich sehe ich auch in diesem Bereich die Notwendigkeit, die bisherigen gesetzlichen Maßnahmen auszuweiten. Für mich sind hier mehrere Dinge wichtig: 1. Gemeinsam mit den SPÖ Frauen möchte ich die Umsetzung des neuseeländischen Modells forcieren: Wir brauchen verpflichtende Transparenz bei Löhnen und Gehältern und Strafen für Unternehmen, die Männer und Frauen ungleich bezahlen. Die bisherigen Empfehlungen und Gesetzesgrundlagen haben nicht ausgereicht, also müssen wir entschlossener in der Umsetzung sein. 2. Es sind vor allem Frauen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten: in der Pflege, im Handel, in der Bildung, in der Reinigung. Diese Berufe müssen aufgewertet werden und das heißt: höhere Löhne und Gehälter und bessere Arbeitsbedingungen – vor allem kürzere Arbeitszeiten. 3. Hier ist es zentral, die Gewerkschaften bestmöglich zu unterstützen, die kollektivvertraglich geregelten Mindestlöhne und -gehälter weiter anzuheben.

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Welche Maßnahmen würdest du gegen die ansteigende Frauen- und Kinderarmut setzen?

PAMELA RENDI-WAGNER
Ich habe die ersten Lebensjahre mit meiner alleinerziehenden Mutter in einem Wiener Gemeindebau gelebt und wurde dort im städtischen Kindergarten betreut, damit meine Mutter arbeiten und uns unser Leben finanzieren konnte. Flächendeckende, kostenfreie und ganztägige Kinderbetreuung inklusive Rechtsanspruch ist eine Grundvoraussetzung für die ökonomische Unabhängigkeit von Müttern. Für Alleinerzieherinnen muss es außerdem eine Unterhaltsgarantie geben.
Wer arbeitet, muss vom Lohn auch gut leben können. Deshalb unterstütze ich die Gewerkschaften, die starke kollektivvertragliche Mindestlöhne ausverhandeln.
Um Kinderarmut zu bekämpfen, müssen wir mittelfristig an der Einführung einer Kindergrundsicherung arbeiten. Allen Kindern und Jugendlichen sollen gleiche Chancen eröffnet werden. Ihre Herkunft soll keinen Unterschied für die Zukunftschancen unserer Jugend machen.
Außerdem muss die ungerechte Aliquotierung der Pensionen, die vor allem Frauen benachteiligt, ganz abgeschafft werden. Dafür ziehen wir vor den Verfassungsgerichtshof.

HANS PETER DOSKOZIL
Die Teuerungswelle trifft vor allem Frauen und Kinder. Wir haben im Burgenland auf diese andauernde Krise mit einem einzigartigen, treffsicheren Entlastungspaket reagiert und nutzen alle „Spielräume“, um die Menschen finanziell zu unterstützen. Mit dem burgenländischen Wärmepreisdeckel, einem vergleichsweise günstigen Fixtarif für Strom und Wärme, einem Mietpreisdeckel, aber auch mit der Alleinerziehendenförderung wirken wir der Frauen- und Kinderarmut massiv entgegen. Ich bin davon überzeugt, dass es solche Maßnahmen auch bundesweit dringend braucht. Ich unterstütze außerdem die Forderung der Volkshilfe nach einer Kindergrundsicherung.

ANDREAS BABLER
Armut darf es in so einem reichen Land wie Österreich nicht geben. Frauen sind als Alleinerziehende und als Folge struktureller Altersarmut stärker betroffen. Armut belastet die Gesundheit, schränkt die soziale Teilhabe ein, bedeutet fehlende Handlungsspielräume und Einschränkungen bei der materiellen Absicherung und versperrt Bildungswege. Jedes 5. Kind lebte in Österreich 2021 von Armut und Ausgrenzung bedroht – die negativen Effekte begleiten die Kinder oft ein Leben lang. 1. Kinderarmut ist ein Skandal, den wir leicht beenden können. Daher trete ich für die Einführung einer Kindergrundsicherung nach dem Modell der Volkshilfe ein. 2. Flächendeckender Ausbau von Kindergarten und Nachmittagsbetreuung, insbesondere auch der verschränkten Ganztagsschule, sowie Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz 6 3. Mittagessen in allen Schulen und Kindergärten mit sozial gestaffelten Preisen, gratis für Kinder, die von Armut gefährdet sind 4. Rechtsanspruch auf Elternteilzeit unabhängig von Dauer der Betriebszugehörigkeit und Betriebsgröße und finanzielle Anreize, wenn beide Partner:innen die ETZ in Anspruch nehmen 5. verpflichtenden Transparenz bei Gehältern und Strafen für Unternehmen, die Männer und Frauen ungleich bezahlen 6. Maßnahmenpaket für höhere Frauenpensionen -Reformierung der „lebenslangen Durchrechnung“ bei den Pensionen: negative Auswirkungen der langen Durchrechnung auf “frauentypische” Erwerbsbiographien müssen ausgeglichen werden -Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes -Bessere Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der Pensionsversicherung 7. Langfristige Förderzusagen für Projekte, die Mädchen fördern, Mädchenfreiräume schaffen und Mädchenarmut speziell in den Blick nehmen.

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Noch immer leisten Frauen den Löwinnen-Anteil der unbezahlten Arbeit. Was kann man tun, um die unbezahlte Arbeit besser aufzuteilen?

PAMELA RENDI-WAGNER
Frauen und Männer sollen sich die bezahlte und unbezahlte Arbeit fair teilen. Auch hier sind flächendeckende, kostenfreie und ganztägige Kinderbildungseinrichtungen inklusive Rechtsanspruch der Schlüssel. Zusätzlich sind Karenzmodelle wie in Skandinavien Vorbild, wenn es darum geht, die Karenzzeit zwischen beiden Elternteilen gleich zu verteilen.

HANS PETER DOSKOZIL
Wir müssen den gesellschaftlichen Wandel vorantreiben, der veraltete Rollenbilder aufbricht. Die ungleiche Aufteilung der unbezahlten häuslichen und familiären Arbeit hat Auswirkungen auf das Einkommen, berufliche Chancen und die Pension. Diesen „Gender Care Gap“ müssen wir schließen. Es muss sich also unsere Einstellung ändern. Aber die Frage „Wie kann unbezahlte Arbeit besser aufgeteilt werden“ rückt nur dann in den Hintergrund, wenn auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen stimmen, damit Frauen selbstbestimmt arbeiten gehen können, weil ihre Kinder und Angehörigen gut betreut sind.

ANDREAS BABLER
Für viele Frauen hat die Arbeitswoche nicht 40 Stunden, sie kommen nach Hause und arbeiten weiter. Das System funktioniert nur, weil Frauen sehr viel unbezahlt arbeiten. Das müssen wir offensiv benennen und anprangern. Wie bereits bei der Frage 1.5 ausgeführt, glaube ich, dass eine Arbeitszeitverkürzung ein zentraler Schritt wäre, um uns an ein Halbe-Halbe Aufteilung annähern zu können. Auch die Karenz für beide Elternteile muss zur Regel werden.

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Wie willst du den Ausbau der Kinderbetreuung in ganz Österreich vorantreiben?

PAMELA RENDI-WAGNER
Der Kindergarten ist die erste Bildungseinrichtung und damit Grundstein für gute Bildung und Schlüssel für ein selbstbestimmtes Leben. Der Ausbau der Kinderbetreuung (100.000 neue Kinderbetreuungsplätze) im ganzen Land ist nicht nur für die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen entscheidend, sondern nützt auch den Kindern und hilft auch dabei, das Arbeitskräftepotenzial von Frauen zu heben. Als Grundlage braucht es mehr Geld vom Bund für die Gemeinden, die für die Kinderbetreuung zuständig sind – Stichwort Kindergartenmilliarde, und zwar jedes Jahr, bis Städte und Kommunen die nötige Infrastruktur geschaffen haben. Parallel dazu möchte ich eine Ausbildungsoffensive für den Einstieg in die so wichtige Elementarpädagogik anstoßen und den Quereinstieg in dieses Berufsfeld erleichtern.
Und darüber hinaus braucht es 180.000 neue Ganztagsschulplätze im ganzen Land. Auch dafür muss es die nötigen Mittel geben.

HANS PETER DOSKOZIL
Ein Meilenstein im Burgenland war die Einführung des Gratiskindergartens und der beitragsfreien Kinderkrippe für alle Kinder. Ebenfalls verbessert wurde die Betreuungszeit: Öffnungszeiten wurden verlängert und besser an den Bedarf der Eltern angepasst, auch die Betreuung in den Ferien wurde attraktiviert. Basis dafür war die Novelle des Kinderbildungs- und betreuungsgesetzes. Meine Politik steht für eine bestmögliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf, dieses Modell ließe sich gut auf den Bund ausweiten.

ANDREAS BABLER
Wir müssen endlich jedem Kind optimale Lern- und Spielbedingungen ermöglichen. Es gibt noch keine einheitlichen Qualitätsstandards für alle elementaren Bildungseinrichtungen in ganz Österreich und eine stark divergierende Abdeckung mit Plätzen für Kinder unter drei Jahren sowie Ganztagsplätze. Ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag würde die Länder und Gemeinden dazu verpflichten, für ein entsprechendes Angebot zu sorgen. Doch damit allein ist es natürlich nicht getan: Dafür braucht es entsprechende Investitionen, die 7 der Bund den Gemeinden budgetär zur Verfügung stellen muss. Wir brauchen v.a. auch die entsprechenden Fachkräfte, die Kinder in diesen ersten Jahren begleiten. Dazu muss man auch bei der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen – Stichwort Arbeitszeiten, Teamarbeit, kleinere Gruppen, Gesundheitsprävention – ansetzen. Auch für diese nationale Kraftanstrengung muss der Bund die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung stellen. Und dann ist da noch die Frage der Ausgestaltung. Was nützt es, dass es ein Haus gibt, auf dem “Kindergarten” steht, wenn der um 12 Uhr seine Türen schließt? Was Familien brauchen, sind elementare Bildungseinrichtungen, die mit der Lebens- und Arbeitsrealität zusammenpassen. Also: Mehr Nachmittagsbetreuung – und das kostenlos. Kindergärten sind Bildungseinrichtungen und für den Zugang zu Bildung muss der Staat Sorge tragen. Wir haben die Schulgebühren abgeschafft. Schaffen wir also auch die Kindergartengebühr überall ab. Dafür braucht es die seit langem geforderte, echte Kinderbildungs-Milliarde des Bundes.

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Wie stehst du zur Forderung nach einer generellen Arbeitszeitverkürzung?

PAMELA RENDI-WAGNER
Unser gemeinsamer Beschluss sieht eine Arbeitszeitverkürzung als langfristiges Ziel vor. In einem ersten Schritt sollte eine freiwillige, geförderte 4-Tage-Woche eingeführt werden. Eine Steigerung der Produktivität, höhere Arbeitszufriedenheit und weniger Krankenstandstage sind aus Studien anderer Länder zu beobachten. Außerdem schaut mehr Familienzeit dabei heraus.

HANS PETER DOSKOZIL
Viel wichtiger ist es, dass in einem ersten Schritt Arbeit ordentlich entlohnt wird. Wenn man bspw. nach Deutschland schaut: Da haben 30 % prekäre Arbeitsverhältnisse, die Leute brauchen einen zweiten, dritten Job. Auch in Österreich gibt es Branchen, wo Frauen kaum 1.200 Euro netto verdienen. In so einem Kontext eine Arbeitszeitverkürzung zu fordern, bringt den Betroffenen gar nichts – außer, dass sie Zeit für einen zweiten Arbeitsplatz oder zum „Pfuschen“ haben, um ihre Existenz absichern zu können. Die Menschen müssen von ihrer Arbeit gut und sicher leben können, daher kann die erste Antwort der Sozialdemokratie nur lauten, dass wir bessere Löhne und den Mindestlohn von 2.000 Euro netto brauchen. Man muss den Menschen Perspektiven und Möglichkeiten aufzeigen. Das geht nicht mit Schlagzeilen, sondern mit einem Programm. Sich ausschließlich auf eine 32-Stunden-Woche und damit auf eine generelle Arbeitszeitverkürzung zu konzentrieren, wäre aus meiner Sicht zu wenig weit gegriffen. Wenn die Löhne passen, kann man darüber reden.

ANDREAS BABLER
Ich trete für eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich ein. Für mich ist das eine wirtschaftspolitische, geschlechterpolitische, gesundheitspolitische, klimapolitische und kinderpolitische Forderung, die unsere Gesellschaft ein großes Stück voranbringen würde. Geschlechterpolitisch würde es zweifach wirken: Für Teilzeitarbeitskräfte – vor allem Frauen – bedeutet das eine deutliche Verbesserung ihres Lohnes und eine bessere soziale Absicherung im Alter. Gleichzeitig könnte es zusammen mit Begleitmaßnahmen dazu führen, dass sich Familien die Sorgearbeit gerechter aufteilen.

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Wie kann aus deiner Sicht der Gewaltschutz für Frauen verbessert werden und welche konkreten Pläne hast du dafür?

PAMELA RENDI-WAGNER
Gewalt gegen Frauen ist ein Problem, das unsere ganze Gesellschaft betrifft. Am häufigsten werden Frauen in ihren eigenen vier Wänden in der Familie Opfer von Gewalt. Die hohe Anzahl an Femiziden in Österreich ist erschütternd. Diese Gewalt gilt es mit aller Kraft zu bekämpfen und zu verhindern. Präventionsarbeit ist genauso wichtig, wie Akuthilfe und opferschutzorientierte Täterarbeit. Zusätzlich müssen in ganz Österreich Hochrisikofallkonferenzen durchgeführt werden. Für den Gewaltschutz braucht es außerdem viel mehr finanzielle Mittel. Zusätzlich sollten in Österreich mindestens vier Gewaltschutzambulanzen eingeführt werden.

HANS PETER DOSKOZIL
Es bedarf nur eines Blickes in die Medien, um festzustellen, dass kaum ein Tag ohne neue Schreckensnachrichten zu diesem Thema vergeht. Wenn wir uns vor Augen führen, dass jede dritte Frau (34,51 Prozent) zwischen 18 und 74 Jahren ab dem Alter von 15 Jahren körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt hat, dann schrillen sämtliche Alarmglocken. Mit der burgenländischen Gewaltpräventionsstategie haben wir einen klaren Fahrplan mit zahlreichen Maßnahmen, wie wir Gewalt im Burgenland bereits auch im Vorfeld eindämmen können. Finanzielle Soforthilfe für betroffene Frauen, kostenlose Selbstverteidigungskurse oder auch regionale Notwohnungen sind einige Punkte des Pakets. Es braucht zudem Bewusstseinsbildung, Sensibilisierung, Workshops in Schulen und Kampagnen. Außerdem bin ich stolz sagen zu können, dass das Burgenland als einziges österreichisches Bundesland in jedem seiner Bezirke eine Frauenberatungsstelle hat – ein wesentlicher Faktor, wenn es um Gewaltschutz geht. Auf Bundesebene müssen dringend neue Wegweisungsgrundlagen formuliert werden, sowie mehr Nachbetreuungsmaßnahmen seitens der Exekutive und eine kleinteiligere strukturelle Begleitung ermöglicht werden, um besseren Schutz vor Gewalt an Frauen zu gewährleisten.

ANDREAS BABLER
Im Gewaltschutz fehlt es zuallererst an finanziellen Ressourcen. Gewaltschutzeinrichtungen und Gewaltschutzexpertinnen haben viel Wissen und Erfahrung. Sie sagen: Es braucht konkret 250 Millionen Euro jährlich sowie 3.000 zusätzliche Vollzeitarbeitskräfte in der Gewaltpräventionsarbeit, um die Istanbuler Konvention einzuhalten. Diese finanziellen Mittel müssen wir langfristig sicherstellen, damit die Einrichtungen planen können. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Umsetzung der Hochrisikofallkonferenzen, die erwiesenermaßen sinnvoll sind und von Expert:innen auch eingefordert werden. 8 Ebenso halte ich es für unbedingt notwendig, Maßnahmen zu treffen, die Betroffenen häuslicher Gewalt garantieren, dass sie bei Polizei und Justiz mit Respekt und Sensibilität behandelt werden. Ich denke da an Sensibilisierungs-Schulungen und Meldemöglichkeiten für den Fall, dass das nicht geschieht. Klar muss aber auch sein, dass Gewaltschutz uns alle etwas angeht. Deshalb muss auch die Täterarbeit ausgebaut werden – und bei der Prävention schon bei Jugendlichen angesetzt werden. Was jetzt auf freiwilliger Basis und Engagement einzelner Lehrkräfte und Beschäftigter in Beratungsstellen passiert, sollte flächendeckend verankert und finanziert werden. In diesem Zusammenhang ist es mir jedoch wichtig, auf alle zuvor erwähnten Punkte einzugehen: Der wirksamste Gewaltschutz ist es, wenn Frauen selbstbestimmt und finanziell unabhängig leben können. Deshalb kann Gewaltschutz niemals abgekoppelt von anderen Maßnahmen gedacht werden. Er beginnt dort, wo wir lernen, miteinander respektvoll umzugehen, damit Gewaltschutzeinrichtungen in Zukunft nicht mehr notwendig sind.

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Wie würdest du den Ausbau von Frauenhäusern in Österreich angehen?

PAMELA RENDI-WAGNER
Österreich hat nach den Vorgaben des Europarats durch die „Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“ dafür zu sorgen, dass ein Platz ( eine Familie ) pro 10.000 Einwohner*innen in einem Frauenhaus zur Verfügung gestellt werden muss (Platz hat ). Die Finanzierung der Frauenhäuser in Österreich liegt grundsätzlich bei den Bundesländern, doch ist Wien bislang das einzige Bundesland, das mehr Plätze zur Verfügung stellt, als die Istanbul-Konvention vorgibt. Aufgrund der internationalen Verpflichtungen hat auch der Bund seine Rolle wahrzunehmen und einen entsprechenden Beitrag für den Ausbau von Frauenhausplätzen und Finanzierung zu leisten.

HANS PETER DOSKOZIL
Der Schutz von Frauen muss oberste Priorität haben, umso mehr braucht es eine starke öffentliche Hand als Unterstützung. Einen „Ausverkauf“ bzw. Privatisierung von Frauenhäusern bzw. Frauenberatungseinrichtungen wird es mit mir nicht geben. Auch hier darf ich den burgenländischen Weg aufzeigen: Mit 1.1.2021 wurden das Frauenhaus Burgenland und das Sozialhaus Oberwart in die Strukturen des Landes Burgenland eingegliedert. Damit konnte eine langfristige und nachhaltige Finanzierung sichergestellt und eine hohe Betreuungsqualität ganz im Sinne des Gewaltschutzes sichergestellt werden, um Frauen einen gesicherten Ausweg aus der Gewalt zu ermöglichen.

ANDREAS BABLER
Wer Hilfe braucht, muss diese Hilfe in der Region rasch bekommen. Deswegen ist ein österreichweit flächendeckendes Netz an Gewaltschutzeinrichtungen und Frauenhäusern notwendig. Es braucht ausreichend Plätze in Frauenhäusern, leistbare Wohnungen für gewaltbetroffene Frauen und die personelle Aufstockung in den Frauenhäusern für die Nachbetreuung. Der GREVIO-Bericht empfiehlt Österreich, eine staatliche Koordinierungsstelle zu etablieren, die Lücken im Gewaltschutz erkennt und Maßnahmen anordnet. Diese muss unabhängig vom Ministerium sein und dennoch Handlungskompetenzen haben. Ich unterstütze diese Empfehlung und bin davon überzeugt, dass es neben ausreichend Finanzierungszusagen auch verpflichtende Zielvorgaben für die Länder und Gemeinden braucht. Es gibt derzeit keine ausreichend spezialisierten Einrichtungen für alle Frauen, da müssen die Expertisen gehört und Angebote geschaffen werden.

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Würdest du sexistische Werbung verbieten?

PAMELA RENDI-WAGNER
Gesetzliche Maßnahmen zur Bekämpfung von Sexismus in der Werbung sind ein geeignetes Mittel, denn die Auswirkungen sexistischer Werbung auf unsere Gesellschaft sind enorm. Begleitend müssen Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung getroffen werden, die geeignet sind sexistische Werbung zu verhindern. Die Festschreibung europaweiter Kriterien wäre eine weitere wichtige Initiative.

HANS PETER DOSKOZIL
Ja. Sexistische Darstellungen vermitteln ein falsches Frauenbild. Daher ist ein Verbot sexistischer Werbung wichtig, um eine selbstverständliche Gleichstellung zwischen Männern und Frauen in unseren Köpfen verankern zu können.

ANDREAS BABLER
Seit 2009 hat es in Österreich verschiedene Plattformen bzw. WatchGroups gegeben – etwa in Wien, Graz oder Salzburg, die heute nicht mehr aktiv sind. Aus meiner Sicht würde eine Ergänzung des Gleichbehandlungsgesetzes hilfreich sein, sexistischer und diskriminierender Werbung ein Ende zu setzen. Etwa dann sexualisierende 9 Darstellungen von Frauen ohne direkten Zusammenhang mit dem Produkt verwendet werden, wenn Gewalt gegen Frauen verherrlicht wird oder in denen es zu einer Verfestigung von sexistischer Rollenklischees kommt. Immer mehr Mädchen und Burschen kämpfen darüber hinaus mit Essstörungen oder andern Formen psychischer Belastungen im Kontext des Strebens nach jener scheinbaren Perfektion, die in sozialen Medien und der Werbung verkauft wird. Anzudenken wäre deshalb auch, eine verpflichtende Kennzeichnung von Beauty-Filtern und Retuschen bei der Vermarktung von Pflegeprodukten, Nahrungsergänzungsmitteln, Mode und anderen Produkten einzuführen.

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Viele Frauen und vor allem feministische Aktivist*innen sind im Netz immer wieder mit massivem Frauenhass konfrontiert. Wie kann man deiner Meinung nach dagegen vorgehen? Sind gesetzliche Verbesserungen notwendig?

PAMELA RENDI-WAGNER
Frauenfeindlichkeit und Hass im Netz ( Frauenfeindlicher Hass im Internet ) betreffen leider viele Frauen. Politikerinnen und Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen sind sehr oft im Fokus von Hatern. Hier werden hinter dem Deckmantel der Anonymität viele rote Linien überschritten. Egal, worum es geht, wer sich nicht an Regeln und Gesetz hält, muss zur Verantwortung gezogen werden. Hier braucht es mehr Sensibilisierung der Strafbehörden und Online-Plattformen müssen ebenso in die Pflicht genommen werden.

HANS PETER DOSKOZIL
Da braucht es definitiv eine Verschärfung des Strafrechts. Die Diskussion über Hasspostings führen wir schon länger, das ist ja kein neues Phänomen. Es ist daher längst überfällig, gesetzliche Maßnahmen zu treffen und zu sanktionieren. Wir müssen aber auch öffentlich mehr darüber sprechen und bereits Kinder im Schulalter für diese Problematik sensibilisieren.

ANDREAS BABLER
Für mich ist es wichtig, dass im Internet auch verboten ist, was offline verboten ist. Ich unterstütze auch die Forderung nach einem Aktionsplan gegen Hass im Netz von Opferschutzeinrichtungen. Für mich braucht es langfristige Finanzierungszusagen für die Beratungsstelle gegen Hass im Netz und insbesondere auch für Organisationen, die in diesem Bereich arbeiten und Betroffenen rasch helfen können. Außerdem trete ich für einen Ausbau der psychosozialen Prozessbegleitung für Opfer von Hass im Netz ein. Ich bin davon überzeugt, dass es auch im strafrechtlichen Bereich Nachschärfungen braucht, etwa beim Tatbestand Cybermobbing. Im Zentrum steht dabei für mich auch, dass wir Opferschutzeinrichtungen in die Evaluation gesetzlicher Vorgaben einbeziehen, um ihre Auswirkungen und Effekte in der Praxis einschätzen zu können. Weitere Sensibilisierungsmaßnahmen bei Polizei und Justiz sind anzudenken. Diese müssen von unabhängigen Expert:innen durchgeführt werden.

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Welchen Stellenwert haben reproduktive Rechte für dich und wie gedenkst du, diese für Frauen zu schützen? Wie kann die regionale Versorgung in den Bundesländern bezüglich Schwangerschaftsabbrüche verbessert werden?

PAMELA RENDI-WAGNER
Als Frau hat das Selbstbestimmungsrecht über unseren Körper selbstverständlich einen sehr hohen Stellenwert. Gerade in Krisenzeiten müssen reproduktive Rechte und reproduktive Gesundheit für alle Frauen gewährleistet sein. Daher muss der Zugang zu Verhütungsmitteln, aber auch der Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen für alle Frauen sichergestellt sein. In den meisten Bundesländern gibt es noch viel Luft nach oben, was die Versorgung betrifft. Es sollte zumindest in jedem Bundeland für die betroffenen Frauen die Möglichkeit geben. Schwangerschaftsabbrüche sollen sicher, legal und kostenfrei sei.

HANS PETER DOSKOZIL
Ich bekenne mich zur Fristenlösung. Außer Frage steht für mich, dass das Recht auf Selbstbestimmung gewährleistet bleiben muss. Jede Österreicherin soll selbst entscheiden, ob und wann und sie ein Kind möchte. Entsprechend sollten auch die Rahmenbedingungen ausgestaltet sein. Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig, den Frauen und Ärzt*innen auch nötigen Schutz garantieren zu können – dazu braucht es nicht nur bauliche Gegebenheiten in den Spitälern, die passen müssen, sondern auch die Anonymität muss gewährleistet sein. Dieses Thema muss im gesamtösterreichischen Kontext der zukünftigen Gesundheitsversorgung weiterverfolgt werden.

ANDREAS BABLER
Für mich ist es absolut unverständlich, dass wir im 21. Jahrhundert noch immer für reproduktive Rechte kämpfen müssen. Das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren eigenen Körper sollte eine Selbstverständlichkeit sein, wird aber von Konservativen und 10 Rechten ständig infrage gestellt und bedroht. Das sehen wir im Moment leider auf der ganzen Welt. Dabei wissen wir doch längst, dass Frauen schon immer abgetrieben haben – die Frage ist, ob sie dabei ihr Leben riskieren. Es darf nicht sein, dass reproduktive Rechte vom Geldbörsel abhängen. Das gilt für den Schwangerschaftsabbruch, aber auch für den Zugang zu passenden Verhütungsmitteln. Wenn wir reproduktive Rechte schützen wollen, dann müssen wir meines Erachtens auch in die Offensive gehen und diese Themen enttabuisieren. Gerade wenn es um den Zugang zu Verhütungsmittel für Jugendliche oder auch Geringverdiener:innen geht, ist in Österreich noch vieles zu tun. Nicht nur die Pille danach müssen wir kostenfrei zugänglich machen, sondern auch den Schwangerschaftsabbruch: Er soll kostenfrei in öffentlichen Spitälern und endlich auch in allen Bundesländern durchgeführt werden können. Außerdem gibt es in vielen Regionen Österreichs zusätzlich ein Problem mit der Verfügbarkeit von zeitnahen Terminen bei Kassen-Gynäkolog:innen. Wer es sich leisten kann, weicht auf Privatärzt:innen aus. Mittlerweile ist die Zwei-Klassen-Medizin in Österreich Realität geworden. Mein Ziel ist es, dass alle in Österreich ein Recht auf einen Termin innerhalb von 14 Tagen für fachärztliche Betreuung haben. Das können wir erreichen, indem wir besondere Stipendien und einen erleichterten Zugang für Medizinstudierende schaffen, die sich verpflichten, dem öffentlichen Gesundheitssystem eine gewisse Zeit zur Verfügung zu stehen. Gerade auch im Bereich Kinder- und Jugendmedizin und Gynäkologie. Im Bereich der Geburtshilfe trete ich für eine 1:1-Hebammen-Betreuung ein, dafür brauchen wir den Ausbau der Studienplätze für Hebammen. Schwangerschaftsabbrüche müssen endlich kostenfrei in öffentlichen Krankenhäusern angeboten werden, und zwar in allen neun Bundesländern. Denn auch Schwangerschaftsabbrüche gehören für mich zur Gesundheitsversorgung. Außerdem braucht es auch im ländlichen Raum Frauen- und Familienberatungsstellen mit langfristigen Förderzusagen.

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Würdest du dich für einen kostenfreien Zugang zum Schwangerschaftsabbruch einsetzen?

PAMELA RENDI-WAGNER
Frauen haben ein Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper und auf Unterstützung. Daher setze ich mich für die Kostenübernahme von Schwangerschaftsabbrüchen für alle Frauen ein.

HANS PETER DOSKOZIL
Ich bekenne mich zur Fristenlösung. Außer Frage steht für mich, dass das Recht auf Selbstbestimmung gewährleistet bleiben muss. Jede Österreicherin soll selbst entscheiden, ob und wann und sie ein Kind möchte. Entsprechend sollten auch die Rahmenbedingungen ausgestaltet sein. Aus meiner Sicht ist es ganz wichtig, den Frauen und Ärzt*innen auch nötigen Schutz garantieren zu können – dazu braucht es nicht nur bauliche Gegebenheiten in den Spitälern, die passen müssen, sondern auch die Anonymität muss gewährleistet sein. Dieses Thema muss im gesamtösterreichischen Kontext der zukünftigen Gesundheitsversorgung weiterverfolgt werden.

ANDREAS BABLER
“Mein Bauch gehört mir”, dieser Leitspruch der Frauenbewegungen steht außer Frage. Deswegen kämpfe ich zusammen mit den SPÖ-Frauen für einen kostenfreien Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch in öffentlichen Krankenhäusern in ganz Österreich. Das ist für mich eine Frage der Frauengesundheit und der reproduktiven Selbstbestimmung.

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