Pamela Rendi-Wagner, Parlament, SPÖ

Vorausschauend handeln statt hinterherhinken

Bild: David Višnjić

Die Bundesregierung hat die Teuerung lange ignoriert. Ein Kommentar von SPÖ-Bundesparteivorsitzender und Klubobfrau im Parlament Pamela Rendi-Wagner in der "Wiener Zeitung".

Die Inflationsrate dürfte im Juli bei 9,2 Prozent liegen. Das ist der höchste Wert seit März 1975. Den durchschnittlichen Haushalt kostet die Teuerung 2022 etwa 3.000 Euro. Für Haushalte, die auf Gas und Auto angewiesen sind, ist die Belastung noch höher. Die Menschen spüren die Teuerung an allen Ecken und Enden. Die Bundesregierung hat das lange ignoriert und die Teuerungskrise noch vor wenigen Monaten als „Hysterie“ abgetan. Erst nachdem der öffentliche Druck zu groß geworden ist, hat sie Einmalzahlungen ab Herbst angekündigt. Die Kritik der SPÖ, dass damit keine Preise gesenkt und die Einmalzahlungen im Herbst verpufft sein werden, wurde von der Regierung weggewischt. Ein Preisdeckel komme gar nicht in Frage, hieß es. Nach wochenlangem Zögern musste die Regierung auch hier nachgeben und prüft nun doch einen Strompreisdeckel.

Dieses permanente Hinterherhinken, diese zögerliche Stückwerk-Politik ohne Gesamtplan ist fahrlässig. Die Regierung muss die Probleme endlich an der Wurzel packen. Die Preise müssen jetzt runter bei Strom, Gas, Sprit, Lebensmitteln und Mieten – das sind die Haupttreiber der Inflation. Ein Preisdeckel sollte nicht nur bei der Strom-, sondern auch bei der Gasrechnung eingezogen werden – und zwar nicht erst im Herbst, wie die Regierung das beim Strom plant. Denn der Gaspreis steigt weiter rasant an, allein von Juli auf August um weitere 25 Prozent; gegenüber dem August 2021 hat sich der Preis verdreifacht.

Um die Mobilität in Österreich zu erhalten, muss außerdem der Spritpreis gedämpft werden. Wie die Bundeswettbewerbsbehörde festgestellt hat, zahlt man in Österreich pro Liter Sprit 20 Cent zu viel, die sich nicht durch erhöhte Preise erklären lassen. Die Energiekonzerne verlangen zu viel für den Treibstoff. Minister Martin Kocher wäre durch das Preisgesetz verpflichtet, einen Deckel bei Sprit einzuziehen. Zusammen mit einer befristeten Streichung der Mehrwertsteuer sollte ein Preis von 1,50 Euro pro Liter erreicht werden.

Auch die Lebensmittelpreise steigen rasant. Schon im Februar war zum Beispiel Butter um 20 Prozent teurer als im Vorjahr. Damit das Essen leistbar bleibt, sollte die Mehrwertsteuer auch auf Lebensmittel vorübergehend gestrichen werden. Damit diese Steuersenkung weitergegeben wird, müssen strenge Preiskontrollen durchgeführt werden. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat schon beim Spritpreis gezeigt: Das ist möglich.

Der letzte große Inflationstreiber ist die Miete. Hier hat die Bundesregierung im April beschlossen, eine Million Haushalte in Kategorie- und Richtwertmietwohnungen mit einer Mieterhöhung zusätzlich zu belasten. Diese Mieterhöhungen müssen rückgängig gemacht und die Preise bis 2025 eingefroren werden. Die Menschen brauchen eine Garantie, dass sie sich ihre Wohnung längerfristig leisten können.

All das muss finanziert werden. Seit geraumer Zeit wird dafür sogar von der EU-Kommission eine Abschöpfung von Übergewinnen der Energiekonzerne vorgeschlagen. Denn diese Konzerne machen wegen der Teuerung Milliarden an zusätzlichen Gewinnen, nach vorsichtiger Schätzung bis zu 6 Milliarden Euro. Das Geld, das durch die Abschöpfung hereinkommt, soll zur einen Hälfte gegen die Teuerung und zur anderen für den Ausbau erneuerbarer Energien verwendet werden. Damit wir die Gasabhängigkeit beenden und die Menschen finanziell endlich wieder Luft zum Atmen haben.

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Bild: SPÖ Frauen