Frauen arbeiten besonders oft in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen

SPÖ-Frauen und Karl-Renner-Institut luden zum Videogespräch „Das Dienstleistungsproletariat als Risikogruppe“

„Wirtschaftskrisen treffen kleine Betriebe, Selbständige und jene ArbeitnehmerInnen und Lohnabhängige besonders hart, die schon davor unter prekären Bedingungen gelebt und gearbeitet haben“, so Barbara Hofmann in ihrer Einleitung zur Diskussion „Das Dienstleistungsproletariat als Risikogruppe“ mit der Gewerkschafterin und Arbeitsmarktexpertin Veronika Bohrn-Mena und der SPÖ-Steiermark-Landesfrauenvorsitzenden und Vorsitzenden des Gleichbehandlungsausschusses des Bundesrates Elisabeth Grossmann. Das Video-Gespräch fand im Rahmen der Online-Veranstaltungsreihe „Frauenleben in nach der Krise“ statt, eine Kooperation des Karl-Renner-Instituts und der SPÖ-Frauen.

Zwtl.: Bohrn-Mena: Die Mehrheit der erwerbstätigen Frauen ist a-typisch beschäftigt

„A-typische Beschäftigung ist längst kein Randphänomen mehr, sondern betrifft breite Teile der Bevölkerung“, erklärte die Arbeitsmarktforscherin Veronika Bohrn-Mena. Besonders für Frauen ist sie mittlerweile die typische Beschäftigungsform. Die Mehrheit der erwerbstätigen Frauen ist a-typisch beschäftigt. Nachteile ergeben sich beim Einkommen, bei der fehlenden sozialen Absicherung und auch in der Pension. Jedes Jahr in dem man nicht Vollzeit arbeitet, verringert sich die Pension um etwa 1,8 bis 2,4 Prozent. Teilzeitbeschäftigte, Geringfügigbeschäftigte, Leiharbeitskräfte, freie DienstnehmerInnen, neue Selbständige, Ein-Personen-Unternehmen, fallweise Beschäftigte und all jene mit einem befristeten Dienstverhältnis sind besonders stark von der Corona-Krise betroffen. Denn all diese Arbeitsformen gehen mit großer Unsicherheit einher.

„Derzeit sind 1,4 Millionen in Kurzarbeit und 600.000 Menschen arbeitslos. Das sind insgesamt 2 Millionen Menschen – das bedeutet die Hälfte aller Beschäftigten!“ so Bohrn-Mena. Auf einen freien Arbeitsplatz kommen derzeit 10 Arbeitssuchende. Immer mehr Menschen in Österreich sind demzufolge armutsgefährdet. „Wer schon vor der Krise Schwierigkeiten hatte, einen defekten Kühlschrank zu ersetzen, eine Waschmaschine reparieren zu lassen oder eine Schulsportwoche für die Kinder zu finanzieren, für die oder den werden jetzt nicht nur unerwartete Zahlungen zum Problem, sondern die oder der kann den regulären Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren. Wir müssen diese Menschen unbedingt unterstützen, damit nicht breite Teile der Bevölkerung in die Armut abrutschen“, so Bohrn-Mena.

Zwtl.: Grossmann: Arbeitslosengeld sofort erhöhen!

Als dringende Maßnahmen nannte SPÖ-Landesfrauenvorsitzende und Vizepräsidentin des Bundesrates Elisabeth Grossmann die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent und einen kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.700 Euro steuerfrei. „Die Versprechen, die gemacht wurden, müssen eingelöst werden. Das Arbeitslosengeld muss sofort erhöht werden. Auch ein unbürokratischer und wirksamer Härtefallfonds muss jetzt endlich geschaffen werden. Denn die Hilfsgelder kommen nicht an!“, so Grossmann. Effektive Kontrollen, die sicherstellen, dass das Arbeitsrecht nicht umgangen wird, müssen massiv ausgebaut werden. „Lohn- und Sozialdumping darf kein Kavaliersdelikt sein!“ fordert Grossmann.

Zwtl.: Arbeitsrecht nachjustieren – aufgezwungene Selbständigkeit eindämmen

Scheinselbständigkeit ufert unübersehbar aus und stürzt gerade jetzt in der Corona Krise viele Menschen in Notlagen. Daher braucht es mehr Kontrollen der Verträge und Nachjustieren des Arbeitsrechts. Wenn eine starke  wirtschaftliche Abhängigkeit von nur einem Auftraggeber besteht, liegt eher eine ArbeitnehmerInneneigenschaft vor und gehört bei Bezahlung, Kündigung, Arbeitszeit etc. auch so behandelt. Außerdem fordert Grossmann ein Konjunkturpaket für den Dienstleistungsbereich, wo besonders viele Frauen beschäftigt sind.

Weitere wichtige Forderungen der SPÖ-Frauen sind eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden sowie Vermögens- und Erbschaftssteuern. „Es kann nicht sein, dass der Reichtum von Einzelnen auf dem Rücken von anderen erwirtschaftet wird“, so Barbara Hofmann in ihrem Fazit der Diskussion.

Video-Gespräch „Das Dienstleistungsproletariat als Risikogruppe“: https://youtu.be/i7cay1LfbBs