Trotz der turbulenten Ereignisse der letzten 36 Stunden in Österreich, dürfe man nicht vergessen, dass in wenigen Tagen eine richtungsentscheidende Wahl ansteht, „die von fundamentaler Bedeutung für Österreich und für Europa ist“, sagte SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der SPÖ-Kandidatin für die Europawahl Evelyn Regner und der SPÖ-Frauenvorsitzenden Gabriele Heinisch-Hosek. Es mache einen Unterschied, wer in einem Land, in einer Stadt oder auch in Europa die Verantwortung habe.
„Und das haben in den letzten 17 Monaten vor allem auch die Frauen in Österreich erleben müssen, dass es einen Unterschied macht“, erklärte die SPÖ-Vorsitzende.
„Wir sehen anhand der Entwicklungen Europas der letzten Jahre, dass die europäische Idee und das europäische Einigungswerk durch rechte nationalistische und konservative Regierungen bedroht ist“, sagte Rendi-Wagner. Und dort, wo rechtskonservative Regierungen an die Macht kommen, „sind es zuerst die Frauenrechte, die unter die Räder kommen. Rechte, von denen wir geglaubt haben, dass sie selbstverständlich sind, stehen wieder zur Disposition“, betonte Rendi-Wagner. So sei in Österreich das Frauenbudget erstmals gekürzt worden. In Italien solle der Kindesunterhalt wieder abgeschafft werden und Scheidungen erschwert, in Ungarn will Orban eine Geburtenprämie einführen, in Polen wurde versucht, den Schwangerschaftsabbruch generell abzuschaffen.
„Wenn Frauen nicht wählen gehen, dann entscheiden rechte und konservative Männer für sie“, rief Rendi-Wagner dazu auf, dass möglichst viele Frauen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.
„Geht es der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit gut, dann geht es den Frauen gut“, erklärte Evelyn Regner. Daher sei gerade diese EU-Wahl eine Richtungswahl, so Regner, die sich seit Jahren gegen den Backlash bei Frauenfragen einsetzt. „Ich will ein Europa, in dem Frauen alle Chancen haben“, sagte Regner. Aber es werde seit Jahren vom EU-Rat verhindert, dass Frauen auf objektiver Basis in die Führungsetagen kommen. Es gebe dazu „einen bahnbrechenden EU-Bericht“, der wichtige Rahmenbedingungen dazu enthalte und der seit Jahren vor sich hinschlummere. Gerade auch die Regierung Kurz habe während der österreichischen Ratspräsidentschaft nichts diesbezüglich vorangetrieben.
Wenn nun Kanzler Kurz von einer Reduzierung der EU-Verordnungen spricht, so stelle sich für Regner die Frage, was er damit meine und ob es etwa um die Arbeitszeitrichtlinie und den ArbeitnehmerInnenschutz gehe. „Das sind Dinge, die Frauen in ihrem Alltag direkt betreffen“, sagte Regner. Auch müsse der Frauenanteil in den europäischen Institutionen um 50 Prozent erhöht werden. Hier gehe es um Quoten und Verbindlichkeiten. Das Europaparlament sieht Regner als „Schutzgarant“, wenn Frauenrechte in Gefahr sind. „Sehr viele Abstimmungen im Europäischen Parlament, wo es um die Stärkung der Rechte der Frauen ging, wurden von ÖVP und FPÖ nicht unterstützt“, erinnerte Regner an die Anträge zu gleichen Lohn für gleiche Arbeit, die EU-Gleichstellungsgarantie, Gesundheit von Frauen, Stärkung der wirtschaftlichen Stellung von Frauen, gleiche Aufteilung der Betreuungsaufgaben zwischen Männern und Frauen. Bei all diesen Anträgen haben ÖVP und FPÖ dagegen gestimmt.
„Frauen wollen ein soziales Österreich, Frauen wollen ein soziales Europa“, sagte Heinisch-Hosek. Die letzten Jahre würden aber zeigen, dass man in Österreich eine Frauenministerin habe, „die nichts weitergebracht hat – im Gegenteil“. Die Sozialministerin habe riesige Löcher in das soziale Netz gerissen mit der Mindestsicherung Neu. „Was sicherlich für Frauen und vor allem für Kinder neue Formen der Armut bedeuten wird, bis hin zur Obdachlosigkeit“, sagte Heinisch-Hosek. Und beim Gewaltschutz werden zwar die Gesetze verschärft, „aber es gibt kein Geld für die präventive Arbeit bei Frauen, Tätern, bei Schulen“.
Heinisch-Hosek erneuerte die Forderung nach einem Transparenzgesetz, nach mehr Frauen in Führungspositionen, einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab den ersten Geburtstag und mehr Geld für den Gewaltschutz. „Österreich hat es sich nicht verdient, solchen türkis-blauen Experimenten zum Opfer zu fallen“, betonte Heinisch-Hosek. Daher mögen die 51 Prozent Frauen in Europa „von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Denn dann retten wir Europa vor den Rechtskonservativen und garantieren ein soziales Europa“, sagte Heinisch-Hosek.