Für eine neue Arbeitskultur
Die Entwicklungen am Arbeitsmarkt sind besorgniserregend. Während immer mehr BürgerInnen auf der Suche nach einem fixen Arbeitsplatz sind, von dem sie auch leben können, gibt es auch sehr viele ArbeitnehmerInnen, die wesentlich mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten. Flexibilität und 24-Stunden-Erreichbarkeit scheinen in jedem Job vorausgesetzt zu sein. Wo bleibt da Zeit für Fortbildungen, für soziales und politisches Engagement oder gar für die Gründung einer Familie?
Viele Männer und Frauen wünschen sich eine kürzere, vollzeitnahe Arbeitszeit, die ihnen einen ausreichenden Verdienst ermöglicht, den Verbleib und Aufstieg im Beruf gewährleistet und gleichzeitig ausreichend Zeit für ein Leben neben der Arbeit ermöglicht – sei es für die politische und soziale Teilhabe, das Familienleben oder auch die Fortbildung.
Wir brauchen dringend eine neue Arbeitskultur, in der es in erster Linie um die Ergebnisse der Arbeit geht und nicht um den Anwesenheitszwang oder die Überstunden. Es braucht auch eine flexiblere Arbeitszeit mit familiengerechten Arbeitszeitmodellen für beide, damit sich wieder mehr junge Familien für mehr Kinder entscheiden. „Die Flexibilität wird in der Arbeitswelt hoch geschrieben, wenn es um die hohe Einsatzbereitschaft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht. Warum sollte also umgekehrt nicht mehr Flexibilität möglich sein? Davon würde auch die Wirtschaft profitieren“, ist sich SPÖ-Landesfrauenvorsitzende LAbg. Ingrid Riezler sicher.
Das bestätigen auch zahlreiche Studien, wie z.B. der im Juli präsentierte Österreich-Wirtschaftsreport der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). In diesem Report wurde festgestellt, dass die immer noch große Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt auch das Wirtschaftswachstum bremst. Wenn die Empfehlungen des Österreichischen Wirtschaftsreports beachtet werden, dann ist davon auszugehen, dass das Wirtschaftswachstum bis 2060 um 13 Prozent höher sein wird. Die Forderungen reichen dabei vom Ausbau der Kinderbetreuungsplätze über die Abschaffung oder dem „Überdenken“ des Alleinverdienerabsetzbetrags bis hin zum Ausbau der Väterkarenz. „Als SPÖ-Frauenorganisation fordern wir daher, dringend Maßnahmen zu setzen, um die Gegebenheiten auch den Lebensrealitäten der Mütter und Väter anzupassen und die dauerhafte Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt zu garantieren“, fasst Riezler zusammen und ergänzt: „Eine neue Familienpolitik ist dabei der Kernpunkt, um die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu garantieren!“
Die Bedeutung der Partnerschaft
Eine moderne Gleichstellungspolitik braucht in erster Linie eine Stärkung der Partnerschaft:
- Partnerschaft, in der beide einer existenzsichernden Tätigkeit nachgehen können und niemand ungewollt in einem schleichenden Prozess vom Einkommen des Anderen abhängig ist und die vor Altersarmut schützt
- Partnerschaft, in der Familien wieder mehr Zeit miteinander verbringen können und somit echte Partnerschaft möglich wird
- Partnerschaft, in der die Hausarbeit und die Kinderversorgung nicht nur von einem Elternteil erledigt wird.
Derzeit fördern die Familienleistungen in Österreich – in Verbindung mit steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen – das Modell des männlichen Hauptverdieners und der weiblichen Zuverdienerin. Es soll im Sinne der Wahlfreiheit jede Familie selbst entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten. Dennoch soll der Staat zugleich Anreize für moderne Formen des Zusammenlebens bieten.
Die Forderungen im Überblick
Die SPÖ Frauen Salzburg fordern daher Maßnahmen, die es jungen Familien ermöglicht, ihr Leben in diesem Sinne zu gestalten und zu planen:
KINDERBETREUUNGSGELD neu regeln
Das im Regierungsübereinkommen geplante flexible Kinderbetreuungskonto muss ermöglichen:
- Einen bezahlten Papamonat im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft – analog zum Mutterschutz. Auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften muss ein Partnerschaftsmonat möglich sein.
- Der Bezug von Kinderbetreuungsgeld bei Reduktion der Arbeitszeit muss für beide gleichzeitig möglich sein, mindestens um 25 Prozent und maximal um 50 Prozent.
So kann auch der Totalausstieg aus dem Job vermieden werden, einer der Hauptgründe für die massive Einkommensschere zwischen Männern und Frauen in Österreich
- Wenn beide in Elternteilzeit gehen, dann soll ein Partnerschaftsbonus eingeführt werden (in Summe: 20 Prozent des Kindergelds)
- Die Bezugszeit des Kinderbetreuungsgeldes muss verkürzt werden. Dafür soll der Zeitraum für den Bezug von Kinderbetreuungsgeld nach schwedischem Vorbild verlängert werden.
ELTERNKARENZ und ELTERNTEILZEIT verbessern
- Eltern sollen gleichzeitig in Teilkarenz gehen können und Teilzeit arbeiten
- Elternteilzeit muss für alle unselbstständig Beschäftigten möglich sein.
- Bei Reduktion auf 30 Wochenstunden soll eine pensionsrechtliche Anerkennung als Vollzeit erfolgen.
- Die Reduktion der Arbeitszeit um höchstens 25 Prozent soll bis zum 10. Lebensjahr des Kindes möglich sein (derzeit gilt die Elternkarenz bis zum 7. Lebensjahr des Kindes).
- Einkommensverluste können durch Kollektivverträge begrenzt werden.
„Es beweist sich immer wieder, dass familienpolitische Leistungen am besten beim Kind ankommen, wenn damit Betreuungskosten finanziert werden. Zahlreiche Studien belegen, dass Mütter ihr Ausmaß an Arbeitsstunden reduzieren, wenn fast nur auf Geldleistungen gesetzt wird“, informiert Riezler.
Rechtsanspruch auf qualitative, ganzjährige, ganztägige und beitragsfreie Kinderbetreuung
- Rechtsanspruch soll ab dem 1. Lebensjahr des Kindes bis zum vollendeten 16. Lebensjahr gelten. Besonders Jugendliche mit Beeinträchtigungen benötigen auch im Alter von 16 Jahren noch eine ordentliche Betreuung.
- Ein Einstieg in die Betreuung muss auch während des laufenden Semesters möglich sein.
- Beitragsfrei: Kinderbetreuungskosten werden als indirekte Steuer der Fraueneinkommen gesehen. Dadurch würden viele Frauen davor zurück schrecken, ihre Arbeitsstunden zu erhöhen.
- Familienlastenausgleichsfonds neu aufstellen: Auch Bauern und Selbstständige sollen dazu ihren Beitrag leisten. Die Finanzierung der Elternbeiträge soll über diesen Fonds ermöglicht werden.
„Das ist keine Frage der Parteifarbe oder der Ideologie – auch wenn immer versucht wird daraus eine Wertedebatte zu machen – sondern eine Frage des wirtschaftlichen Nutzens. In Deutschland hat eine CDU-Regierung erkannt, dass der volkswirtschaftliche Nutzen der frühkindlichen Pädagogik für die Gesamtwirtschaft unverzichtbar ist und hat demnach auch den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gesetzlich verankert“, berichtet Riezler.
Flächendeckende verschränkte Form der Ganztagsschule mit Betreuungsangebot in den Ferien – beitragsfrei!
Die Sozialdemokratie ist stets für ein Bildungssystem eingetreten, das eine größtmögliche Chancengleichheit garantiert. Die Ganztagsschule bietet für diesen Anspruch die beste Voraussetzung:
- Keine Hausaufgaben, gesundes Essen, viel Sport, Musik und weitere Kreativangebote für alle
- Finanzierung der bisherigen Elternbeiträge über den Familienlastenausgleichsfonds
- Massiver Ausbau der Sprachförderung
- Entsprechende räumliche Ausstattung der Schulen.
„Es braucht darüber hinaus auch Bewusstseinskampagnen, die die Vorteile der Ganztagsschule aufzeigen“, ist Riezler überzeugt.
PFLEGEFREISTELLUNG verbessern
Der Rechtsanspruch auf Pflegefreistellung soll für beide PartnerInnen möglich sein und auf zwei Wochen im Jahr ausgedehnt werden.
Abschaffung von Steueranreizen, Familien- und Transferleistungen die traditionelle Rollenmuster fördern
- Abschaffung des Alleinverdienerabsetzbetrags
- Abschaffung der beitragsfreien Familienmitversicherung (für Ausnahmesituationen wie Pflege eines Kindes mit schwerer Beeinträchtigung, von kranken Kindern oder SeniorInnen gibt es Versicherungsmöglichkeiten)
- Der Familienlastenausgleichsfonds kann aufgestockt werden, weil mehr Steueraufkommen vorhanden ist, wenn beide mehr arbeiten. Damit kann die Beitragsfreiheit sichergestellt werden.
- Abschaffung der Steuerbegünstigung für Überstunden
- Sozialversicherung: Abschaffung der geringfügigen Beschäftigung und der Höchstbeitragsgrenze
- Familienbeihilfe, Absetz- und Freibetrag in einen Betrag zusammen fassen
- Keine bezahlte Arbeit ohne Sozialversicherungspflicht ( also weg mit der geringfügigen Beschäftigung)
„Schweden hat beispielsweise eine Familienpolitik, bei der sich die Arbeitsaufnahme durch den Zweitverdiener wirklich rentiert, was vor allem auf das Kinderbetreuungsmodell zurück zu führen ist“, weiß Riezler.
Vorbildliche Familienpolitik in Schweden und Dänemark
Während in Österreich die Ausgaben für Familienleistungen knapp drei Prozent des BIP betragen (OECD-Schnitt: 2,6 Prozent), liegen die Ausgaben für öffentliche Kinderbetreuungseinrichtungen weit unter dem OECD-Schnitt. Anders gestalten sich die Ausgaben in Dänemark und Schweden, mit sehr erfreulichen Erfolgen im Bereich einer modernen und nachhaltigen Familienpolitik.
Beispiel Schweden:
In Schweden gibt es keine steuerlichen Begünstigungen für Familien. Es gibt direkte Geldleistungen (Familienbeihilfe) und eben beitragsfreie Kinderbetreuung und Ganztagschulen. Der Bezug des Karenzgeldes ist in Schweden für ein Jahr lang möglich, wobei die Karenzzeit auf die ersten acht Lebensjahre des Kindes ausgedehnt werden kann. Das bedeutet, dass sich die ArbeitnehmerInnen Karenzzeiten auch tageweise oder stundenweise nehmen können.
Bereits 1995 wurde das Papamonat eingeführt. 75 Prozent der Väter von Kindern, die 2011 geboren wurden, haben das Papamonat auch in Anspruch genommen. 88,3 Prozent der Väter von Kindern, die 2004 geboren wurden, gingen in Karenz.
Wenn beide Eltern berufstätig sind, dann besteht in Schweden ein Recht auf Vollzeitbetreuung ab dem ersten Lebensjahr. Ansonsten besteht das Recht auf Halbtags-Betreuung.
Beispiel Dänemark:
In Dänemark gilt der Mutterschutz bis 14 Wochen nach der Geburt. Im Anschluss ist die Karenzzeit auf 32 Wochen befristet, wobei sich Mutter und Vater die Karenz frei aufteilen können. Nach der Geburt erhalten Väter zwei Papawochen mit einem Einkommensersatz von 100 Prozent. Das Recht auf einen Kinderbetreuungsplatz gilt ab dem 6. Lebensmonat des Kindes.