Leserinnenbrief vom ÖGB Landesfrauenvorstandes OÖ

sehr geehrte herren,

seriöse berichterstattung sieht anders aus!

verwunderung war noch die harmloseste reaktion von mitgliedern des ögb landesfrauenvorstandes oö anlässlich ihrer aktuellen coverstory "mit list und tücke".

zum mythos "riesen-lohnlücke"
sie agieren mit verschiedenen statistiken und stellen selbst fest, dass es einen – mittels vorhandener daten – unerklärlichen prozentsatz der lohnungleichheit gibt. das allein ist ein skandal, aber statt diese feststellung zu kritisieren, beschönigen sie und gehen davon aus, dass … es keine (wesentlichen) lohnunterschiede gibt. falsch!

zum mythos "teilzeitfalle"
sie bringen da einiges durcheinander. das recht auf elternteilzeit (mit anschließendem rückkehrrecht in die vollzeit) hat nichts mit der jetzigen situation zu tun, in der teilzeit fast schon die einzige möglichkeit für frauen ist, erwerbstätig zu sein. teilzeit kann in bestimmten lebenslagen durchaus eine variante sein, um beruf und familie zu vereinbaren. teilzeit darf aber nie und nimmer die einzige möglichkeit für frauen sein! aber genau in diese richtung bewegen wir uns. fast die hälfte aller berufstätigen frauen in österreich arbeitet teilzeit, und das können nicht nur mütter von kleinkindern sein. in oberösterreich gibt es fast 150.000 teilzeitbeschäftigte, 11.000 davon arbeiten nach eigenen angaben freiwillig teilzeit, alle anderen, weil die rahmenbedingungen für vollzeit nicht gegeben sind (quelle: ams oö). und neben ihrer "no-na"-aussage, dass teilzeitbeschäftigte eben weniger als vollzeitbeschäftigte verdienen, sehen wir immer wieder, dass auch der stundenlohn von teilzeitbeschäftigten teilweise niedriger ist, als von vollzeitbeschäftigten.

zum mythos "schlusslicht österreich"
senken wir die frauenerwerbstätigkeit, dann steigt das fraueneinkommen. das ist ja nun wirklich der unseriöseste schluss, zu dem man(n) nach lektüre ihres artikels kommen muss. dringende nachhilfe in fragen der gleichstellungspolitik ist hier angesagt.

zum mythos "die frau – ein ewiges opfer"
frauen, die sich in der politik oder in der gewerkschaft für fraueninteressen einsetzen, müssen einen langen atem haben und zäh sein. frauenpolitik ist mühsam und erfolge zeigen sich nur in kleinen schritten. uns ist es wichtiger, nicht erfolge nur zu vermarkten (das machen wir natürlich auch), sondern "am ball" zu bleiben und nicht nach zu lassen. und das bedeutet nicht "die immerwährende opferrolle der frauen zu pflegen", sondern für ein gleichberechtigtes miteinander zu sorgen.

sehr geehrte herren: seriöse berichterstattung sieht anders aus! aber sie haben ja noch die möglichkeit, beim – von ihnen bereits angekündigten – equal pay day im herbst (übrigens ist es heuer der 06.10.12) ihren fehler auszubessern.

mit freundlichen grüßen

christine lengauer
vizepräsidentin der ak oö
vorsitzende der ögb frauen oö, im namen des gesamten ögb landesfrauenvorstandes oö